Soziales Leben und Arbeiten in Netzwerken und Communities

Mit einem neuen Rekord an vorgestellten Studien bot die ACM 2012 Conference on Computer Supported Cooperative Work (CSCW) in Seattle, WA, USA den 500 Teilnehmern ein breites Spektrum an Inhalten zu aktuellen Forschungsfragen rund um die technologischen Fortschritte zur Unterstützung kollaborativer Arbeiten. Der starke Einfluss von Social Media auf das politische und gesellschaftliche Leben, aber auch mögliche Weiterentwicklungen moderner Online Communities bildeten Schwerpunkte in den 240 Beiträgen, Präsentationen und Diskussionen. In seiner Keynote „The Penguin and the Leviathan – Towards Cooperative Human Systems Design“ benannte Yochai Benkler, Juraprofessor der Harvard Law School, den aktuellen Trend der Informationsteilung in unserer Gesellschaft als Indikator für die Notwendigkeit einer revidierten Darstellung des menschlichen Wesens. Die derzeit stattfindende intellektuelle Revolution stehe mit ihrer pro-sozialen Ausrichtung in einem klaren Kontrast zu etablierten Handlungsmodellen mit alleinigem Fokus auf den eigenen Vorteil, welche insbesondere aus der Geschäftswelt seit Jahrzehnten bekannt sind. Der große Erfolg des Online-Lexikons Wikipedia beweise, dass eine effiziente Kooperation tausender Teilnehmer auch ohne Anreizsystem und hierarchisch-strukturierter Leitung funktioniert. Als weitere Nachweise dienten aktuelle Projekte, deren inhaltliche Entwicklung primär durch Peer Groups in dezentralisierter Form vorangetrieben wird. Zu prominenten Vertretern dieser Gruppe zählen im kommerziellen Sektor die Videoplattform YouTube, der Social-BookmarkingDienst Delicious und die Reiseinformationsquelle Trip Advisor, während aber auch gemeinnützige Beispiele aus der Softwareentwicklung, wie Linux oder die Skriptsprache PHP, nicht unerwähnt blieben. Mit einem interdisziplinären Blick über Bereiche der Verhaltensforschung, Soziologie und Managementprinzipien forderte Benkler ein grundlegend neues Verständnis für das Design kooperativer Arbeitsumgebungen in physischen und virtuellen Räumen, welches unterschiedliche Motivationen aufgreift. Ziel ist die Schaffung eines kollektiven Bewusstseins zur Förderung der Zusammenarbeit und Teilung der Ergebnisse. Ein hohes Maß an Solidarität prägt die daraus folgende soziale Dynamik, in welcher der persönliche Nutzen nicht über der Gemeinschaft angesehen wird.